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Sunday, August 9, 2020

Geschichte: Ein "tierischer" Fund - Märkische Onlinezeitung

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Lobetal (MOZ) In einen stark bewaldeten Gebiet zwei Kilometer nordwestlich von Lobetal begannen 1939 die Arbeiten zum Bau einer Marine-Nachrichtenschule mit dem Namen "Koralle".

Als die Gefahr durch Fliegerbomben in Berlin immer größer wurde, siedelte schließlich vier Jahre später die Führungszentrale des Oberkommandos der Kriegsmarine (OKM) dorthin um. Großadmiral Karl Dönitz befehligte von der Anlage aus die gesamte U-Boot-Flotte auf dem Atlantik. Insgesamt soll es, so berichteten es Zeitzeugen, neben zahlreichen Baracken drei Bunker auf den Gelände gegeben haben. Dieses war rund 54 Hektar groß und gehörte den Bodelschwinghschen Anstalten Lobetal. Die Wehrmacht hatte die Fläche kurzerhand beschlagnahmt. Als die Rote Armee im April 1945 immer näher rückte, gaben Dönitz und sein Stab die Anlage auf und flüchteten nach Plön (Holstein) und später nach Flensburg. Das gesamte Objekt wurde nach dem Krieg von den Sowjets gesprengt. Später diente es der in Basdorf stationierten Bereitschaftspolizei als Ausbildungsstätte. In den sechziger Jahren bis zum Ende der DDR  war dort eine Nachrichtenzentrale der Sowjetarmee untergebracht.

Um viele Relikte aus der Vergangenheit und damit auch um den "Dönitz"-Bunker kümmert sich seit Jahren ehrenamtlich das "Team-Delta". Die Männer und Frauen erforschen in ihrer Freizeit unterirdische Anlagen, Bunker, Höhlen und den Bergbau aus grauer Vorzeit. Zu dieser Gruppe gehört Christel Focken, die auch Vorsitzende des Bundesverbandes der privaten Historiker ist. Zu ihren Forschungsgebieten gehören der Berliner Wiederaufbau in den Jahren 1945 bis 1950, die Bunker des Zweiten Weltkrieges, die Festungsfront Oder-Warthe-Bogen sowie die Führerhauptquartiere.

Vor einiger Zeit war die Gruppe wieder einmal im Wald bei Lobetal unterwegs. "Ein Besucher des Kletterbunkers zeigte uns einen Knochen", erinnert sich Focken. Er habe an einer Stelle aus dem Beton herausgeragt und sei abgebrochen gewesen. Als ehrenamtliche Denkmalpflegerin war sich die Wegendorferin durchaus der möglichen Tragweite des Fundes bewusst. Denn auf der Baustelle des Hauptquartiers der deutschen Kriegsmarine sollen auch Zwangsarbeiter tätig gewesen sein. Später kursierte das Gerücht, dass sie in den Beton eingemauert worden sind. "Auf der einen Seite hofften wir, einen physischen Beweis dafür zu finden", so Christel Focken. Andererseits graute es der Gruppe aber auch vor der Wahrheit, die da eventuell ans Licht kommen könnte.

In Zusammenarbeit mit dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (BLDAM) wurde der Knochen schließlich geborgen. Er kam in ein forensisches Labor, wo eine Wissenschaftlerin feststellte: Es handelt sich um einen tierischen Knochen. "Da ist uns natürlich ein Stein vom Herzen gefallen", sagt Christel Focken heute und stellt nüchtern fest: "Thema erledigt".

Das Interesse an der Geschichte und den Bunkeranlagen wird dagegen bleiben. "Ich beschäftige mich seit dreißig Jahren damit", so die 1961 in West-Berlin geborene Focken. Die Leidenschaft weckte wohl  ihr Großvater Johann Wilhelm Focken. Der war nämlich Stabsingenieur bei der Kriegsmarine und an der Entwicklung von Großkampfschiffen beteiligt. Als Christel Focken noch ein kleines Kind war, erzählte er ihr von Zügen, mit denen Waffen, Maschinen und Ausrüstungen im Krieg in Bergwerke gefahren wurden.

Brandenburg ist offener

Die Wegendorferin, die neun Bücher geschrieben hat, ist vor allem auf dem Gebiet der früheren DDR und in Polen unterwegs. Dabei sei es im Nachbarland bedeutend interessanter, da es  dort noch weitverzweigte Tunnelsysteme gebe. "In Deutschland ist vieles zugeschüttet worden", bedauert die gelernte Elektroinstallateurin. Aber selbst zwischen Oder und Elbe gibt es deutliche Unterschiede bei der Erforschung der Vergangenheit. "In Thüringen ist man restriktiver, die Brandenburger Behörden sind da offener", weiß Focken aus Erfahrung.




August 09, 2020 at 02:00PM
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Koralle

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